News | Montag, 23. September 2024

Betriebe im harten Wettbewerb: Warum grüne Energie für die Standortfrage so entscheidend ist

Hohe Energiekosten, steigende CO2-Preise und viel Bürokratie können die Unternehmen schwächen und Standorte hierzulande gefährden. Wie ein rascher Zugang zu grüner Energie und mehr Kooperation zwischen Kommunen und Betrieben die Wettbewerbsfähigkeit stärken kann, dazu befragten wir Entscheider zwischen Rhein und Eifel. Ein erstes Fazit: Die Region steckt voller Potenziale, aber es gibt auch viele Hürden zu überwinden.  

Viele Betriebe deutschlandweit und in unser Region stehen unter Druck. Die gestiegenen Energiekosten belasten die Wettbewerbsfähigkeit. Zudem klagen die Betriebe über mangelnde Planbarkeit aufgrund der enormen Volatilität der Strom- und Gaspreise. Gleichzeitig sehen viele Betriebe in der klimaneutralen Produktion Wettbewerbsvorteile und sind bereit, dafür zu investieren. Die gesetzlichen Vorgaben und Förderrichtlinien sind dabei jedoch nicht immer berechenbar. Wie gehen die Betriebe zwischen Rhein und Eifel mit der komplexen Herausforderung um, welche Lösungen sehen sie und welche Unterstützung benötigen sie?

„Wir werden in der Zukunft auf fossile Energie verzichten“
Alexander Mertens (Schoeller Werke GmbH & Co. KG, Hellenthal)

Um aus unberechenbaren Energiekosten auszusteigen und ihre Klimaziele zu erreichen, denken viele Unternehmen der Region seit langem völlig neu über die Energieerzeugung nach. „Wir werden in absehbarer Zeit auf fossile Energie verzichten“, erklärt etwa Alexander Mertens, Geschäftsführer des Schoeller Werks in Hellenthal. Der Hersteller längsnahtgeschweißter Edelstahlrohre setzt auf Energieeffizienz und Eigenerzeugung aus regenerativen Quellen. Mehr als 100 einzelne Maßnahmen setzt der Eifler Stahlbetrieb daher Schritt für Schritt um. Dazu zählt auch ein Wasserstoff-Hub, der aus Windenergie zukünftig grünen Wasserstoff erzeugen soll. Wie in Hellenthal investieren die Unternehmen in der gesamten Region viele Millionen in ihre Energiezukunft.

„Zusammen mit den Kommunen und in Energie-Verbünden die
Transformation besser meistern“ 
Dirk Oswald (Pfeifer & Langen, Euskirchen)

Denn erneuerbare Energie (EE) selbst zu erzeugen, mit Photovoltaik- oder Windkraftanlagen, mit Biogas, Geothermie oder Abwärme – das macht die Energiekosten für alle langfristig kalkulierbarer, reduziert die Importabhängigkeit fossiler Brennstoffe und vermeidet gleichzeitig steigende CO2-Abgaben. „Dabei macht es Sinn, lokale Verbünde mit mehreren Nutznießern zu entwickeln“, erklärt Dirk Oswald, Leiter Produktion und Technologie bei der Euskirchener Zuckerfabrik von Pfeifer & Langen und wünscht sich die Unterstützung durch Kommunen und Verwaltung. „Denn nicht jeder muss alles allein stemmen. Lokale Energie- und Wärmeverbünde etwa sind denkbar, in die wir gemeinsam investieren, die verlässliche Preise garantieren und die zu einer besserem Wirtschaftlichkeit der getätigten Investitionen beitragen.“ Erneuerbare Energie, die ebenso wie die Zuckerrüben bei Pfeifer & Langen im Umkreis von 50 Kilometern rund um das Werk „geerntet“ wird, könnte also auch die Wirtschaft stärken. 

„Das Bewusstsein für einen gemeinsamen Weg zu entwickeln, ist wichtig“ 
Werner Heiliger (Peter Greven, Bad Münstereifel)

„Grüne Energie kann ein erheblicher Standortvorteil unserer Heimat werden“, erklärt Werner Heiliger, kaufmännischer Geschäftsführer der Peter Greven GmbH aus Iversheim/Bad Münstereifel, „das Verständnis dafür muss sich aber noch stärker entwickeln.“ Gerade das Vorhandensein von Flächen zur Eigenproduktion steigere die Attraktivität unserer Region, so der weltweit aktive Hersteller von oleochemischen Additiven wie Metall- und Alkaliseifen. Auch Studien weisen auf die positiven Effekte von Erneuerbaren Energien für Regionen außerhalb der Ballungsgebiete hin: Bei vollständiger EE-Versorgung bis 2050 ergibt sich ein Beschäftigungsplus von bis zu fünf Prozent und eine höhere Wertschöpfung pro Kopf um bis zu 1.570 Euro, rechnet etwa die Bertelsmann Stiftung vor. Starke Argumente, wären da nicht die vielen bürokratische Hürden. „Wir können nicht sechs, sieben Jahre bis zur Realisierung von EE-Projekten warten“, erklärt Heiliger, „um international wettbewerbsfähig zu sein, brauchen wir ein höheres Tempo bei Genehmigungen, viel Entscheidungsbereitschaft in Politik und Verwaltung und Planbarkeit seitens des Gesetzgebers.“

„Wir brauchen mehr Pragmatismus und einen intensiven Dialog“ 
Thorsten Oberschmidt (Hochwald Foods, Mechernich)

Damit die Transformation vor Ort gelingt, da ist sich Alexander Mertens sicher, „benötigen wir ein Gesamtbild der Energie-Zukunft hier bei uns. Einen gemeinsamen Plan wünschen sich übrigens alle befragten Entscheider. Also eine klare Vorstellung davon, wie ein Gleichgewicht aus regenerativer Energie-Erzeugung und -Verbrauch in der gesamten Region erreicht werden kann. Einen Plan, der die Vielfalt von dezentralen Energiequellen und Erzeugern zielgerichtet orchestriert und fördert. 
Denn eines ist allen Beteiligten klar: „Den Umbau hin zur Klimaneutralität müssen wir hier bei uns, in den Unternehmen und Kommunen vor Ort schaffen“, erklärt Thorsten Oberschmidt, COO bei Hochwald Foods. „Das geht nur im intensiven und zielgerichteten Dialog – Unternehmen, Kommunen und Energieversorger gemeinsam“, so der Geschäftsführer des hochmodernen Molkereibetriebs in Mechernich. Mehr gegenseitiges Verständnis und weniger Kirchturmdenken brauche es, um nachhaltige Energie-Projekte schneller umzusetzen. „Auf den neuen Pfaden benötigen wir vor allem viel Pragmatismus und eine Koordination der Aktivitäten in den Kommunen und Unternehmen der Region“, so Oberschmidt, insbesondere bei Interessenskonflikten. „Ein starker Verbund könnte sich auch gegenüber Genehmigungsstellen oder der Politik Gehör verschaffen, wenn sich die Realisierung von Energie-Projekten bei uns vor Ort hinzieht oder erschwert wird.“ 

Fazit

Die Unternehmen zwischen Rhein und Eifel planen und gestalten bereits aktiv ihre Energie-Zukunft. Damit sie aber langfristig im Wettbewerb bestehen können und sich ihre enormen Investitionen in den Umbau ihrer Anlagen rechnen, brauchen sie Unterstützung, Kooperation und eine Energie-Planung für die Region – gemeinsam mit den Kommunen, mit anderen Betrieben und regionalen Energieversorgern. Gelingt dies, so werden die Betriebe in unserer Region in Zukunft klimaneutral und zukunftssicher produzieren können. Gleichzeitig bietet die Region optimale Rahmenbedingungen für die Neuansiedlungen. Das wäre ein großer Gewinn für alle.

Im Fokus: Klimaziele

Mit Energieeffizienz und erneuerbarer Energie: Ob Stahl- oder Zuckerproduktion, oleochemische Additive oder Milchprodukte – bei allen von uns befragten Unternehmen ist die Energiewende Chefsache. Sie alle wollen ihre CO2-Emissionen erheblich senken, je nach Branche und Standort um bis zu 46 Prozent bis 2030. Auch in punkto Klimaneutralität haben sich Pfeifer & Langen in Euskirchen, die Schöller Werke in Hellenthal, die Peter Greven GmbH in Bad Münstereifel und Hochwald Foods in Mechernich hohe Ziele gesetzt. Alle wollen zwischen 2035 und bis spätestens 2045 völlig klimaneutral produzieren. Dabei nutzen sie die gesamte Bandbreite der regenerativen Technologien – von Solar- und Windenergie, über Biogas und Geothermie bis hin zur Abwärme und grünem Wasserstoff. 

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