Das Echo war eindeutig. „Die Zusammenarbeit von Kommunen, lokaler Wirtschaft und regionalem Energieversorger bei der Energie- und Wärmewende in unserer Region ist eine absolute Notwendigkeit und nicht nur eine Chance“, so Landrat Markus Ramers. Denn die Herausforderungen für alle Kommunen sind enorm. Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein. Und das bedeutet hier bei uns nicht weniger als den gesamten Umbau des Energie- und Wärmesystems zwischen Eifel und Rhein. „Deshalb begrüße ich den kommunalen Energie-Dialog sehr“, sagte der Landrat in der Ideenfabrik Nachhaltige Wirtschaft der Euskirchener Tuchfabrik. Von Blankenheim bis Alfter, von Schleiden bis Swisttal, von Kall bis Rheinbach: Zum ersten Energie-Dialog 2045 kamen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus dem gesamten Kreis Euskirchen, den Kommunen des linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreises sowie aus Vettweiß (Kreis Düren), um gemeinsam die Transformation zu diskutieren. Ergänzt wurde die Runde, zu der e-regio geladen hatte, von kommunalen Klimaschutzbeauftragten, Vertretern der Industrie und Quartiersentwicklung sowie Energieexperten und Spezialisten für Förderung und Finanzierung.
Hohe Erwartungen von Bürgerinnen und Bürgern
Gleich zu Beginn des Austausches zwischen den Spitzen war klar: Die Kommunen befinden sich alle in sehr ähnlichen Situationen. Die meisten erstellen gerade ihre kommunalen Wärmepläne, suchen nach wirtschaftlichen Wärmelösungen und kämpfen mit erheblichen Personal- und Finanzierungsengpässen. Gleichzeitig steigen mit der öffentlichen Diskussion auch die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Betriebe an die Verwaltung, wie Bürgermeisterin Jennifer Meuren aus Blankenheim betonte. Dabei sei gerade in sehr ländlichen Gemeinden mit vielen alten Bestandsbauten die Wärmewende viel herausfordernder als in Neubaugebieten, bei denen von vornherein die Wärmeversorgung mitgeplant werden könne, erläuterten Bürgermeister Ingo Pfennings aus Schleiden und Bürgermeister Hermann-Josef Esser aus Kall. Umso wichtiger sei es, so Dr. Rolf Schumacher, Bürgermeister von Alfter, voneinander zu lernen. Denn sowohl bei der Planung der Energie- und Wärmeversorgung, bei potenziellen gemeinsamen Projekten und der Kommunikation mit den Menschen und der Wirtschaft bietet die Kooperation zwischen Kommunen und dem regionalen Energieversorger viele Synergien und Kostenvorteile.
Wärmequellen gemeinsam erschließen
Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt gab zu bedenken: „Warum sollten beispielsweise Wärmenetze an Gemeindegrenzen haltmachen? Wir müssen die individuellen Möglichkeiten der Kommunen nutzen und voneinander profitieren, zum Beispiel, wenn es darum geht, Wärmequellen zu erschließen.“ Auch Bornheims Bürgermeister Christoph Becker meinte: „Nicht jeder muss jede Erfahrung selbst machen.“ Er wünscht sich mehr Austausch über erfolgreiche Pilotprojekte wie Nah- oder Fernwärmenetze, damit diese auch auf andere Kommunen übertragen werden können. Eine solche Blaupause erfolgreicher Projekte, aber auch Lernen aus gescheiterten Planungen findet Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst aus Weilerswist für alle Kommunen wichtig. Sabine Preiser-Marian, Bürgermeisterin von Bad Münstereifel, regte zudem an, die Kommunikation in Richtung Bürgerinnen und Bürger gemeinsam zu denken und sich zusammenzuschließen, um mit einer starken Stimme gegenüber der Landes- und Bundespolitik deutlich zu machen, was die Kommunen für die Energiewende brauchen.
Neue Wege bei der Finanzierung im Verbund
Der Umbau des Energiesystems wird in den nächsten Jahren viel Geld kosten. Die Investitionen sind für die vielen defizitären kommunalen Haushalte im Land kaum zu stemmen, worauf neben anderen auch Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick aus Mechernich und Bürgermeister Holger Jung aus Meckenheim hinwiesen. Daher kann auch hier der Schulterschluss für eine höhere Schlagkraft sorgen, wie Dr. Hans-Georg Napp, Finanzexperte für Projekte der Öffentlichen Hand, und Carsten Petersdorff von der Landesgesellschaft NRW.Energy4climate versicherten. Wenn Kommunen Infrastrukturprojekte gemeinsam angehen, lassen sich Kosten sparen und die Rentabilität der Projekte steigern. Auch Zweckgesellschaften könnten eine Möglichkeit sein, die als starker Verbund Kapital akquirieren. Die Energiewende wird sich aber nicht allein mit Fremdkapital finanzieren lassen. Mittel aus Förderprogrammen stellen einen wichtigen Baustein dar. Bestimmte Programme zielen sogar eigens darauf, dass Kommunen zusammenarbeiten. Diese gilt es auszuschöpfen.
Von lokaler Wirtschaft begrüßt
Warum ein Schulterschluss auch gemeinsam mit der Wirtschaft Sinn ergibt, verdeutlichte Dirk Oswald von Euskirchens Zuckerfabrik Pfeifer & Langen. „Bei der Rübenverarbeitung brauchen wir viel Wärme, die wir nicht 1:1 in den Produktionsprozess zurückfließen lassen können. Warum diese nicht im Umfeld zum Heizen nutzen?“ Auch bei Kühlprozessen von Unternehmen entsteht Abwärme, die benachbarten Gebäuden als Wärmequelle dienen kann. Georg Schmiedel von F&S concept erklärte zudem eindrucksvoll, wie neue Quartiere gemeinsam mit den Stadtentwicklern so geplant werden können, dass sie von Anfang an ohne fossile Energie auskommen.
Eine Region voller Energie
Energie existiert jedenfalls reichlich zwischen Rhein und Eifel, machte e-regio Geschäftsführer Markus Böhm deutlich: „Wir sprechen hier von einem vielfältigen Gebiet, das nur etwas kleiner als das Saarland ist. Wir haben reichlich Fläche für die Erzeugung erneuerbarer Energie aus Wind und Sonne, können Abwärme aus der Industrie oder Geothermie nutzen und Biomethan erzeugen.“ Technologieoffen denken, um die Potenziale tatsächlich zu nutzen, sei das Rezept für die Region. Zudem sind eine enge Kooperation und eine exzellente Koordination aller Projekte wichtig, damit die Maßnahmen von Anfang an auf eine gemeinsame Infrastruktur für die gesamte Region einzahlen.
Ins Handeln kommen
e-regio Geschäftsführer Stefan Dott erklärte: „Bei allen Unwägbarkeiten für die Zukunft ist gewiss, dass unser Energiesystem 2045 ganz anders aussehen wird als heute: dezentral, dekarbonisiert und sehr heterogen. Jetzt haben wir die Chance, ins Handeln zu kommen und das System zu gestalten. Für eine sichere, klimafreundliche und bezahlbare Energieversorgung für Bürgerinnen, Bürger und Wirtschaft.“ Dazu braucht es Mut. „Wir sind uns sicher: Wenn wir alle den Mut zum Handeln aufbringen, werden wir sehr viel für unsere Region erreichen. Es geht schließlich darum, eine lebenswerte Region auch für kommende Generationen zu gestalten.“
Ein entscheidender Schritt auf dem Weg dahin ist mit dem ersten Energie-Dialog 2045 bereits getan. Denn alle Teilnehmer waren sich einig: Sie werden den Austausch und die Kooperation bei der Energie- und Wärmewende in unserer Region intensivieren und den Dialog fortsetzen. Und das nicht erst beim nächsten Energie-Dialog im Herbst.